Der Kaffeeröster von Selb

Gepostet am Feb 10, 2014

Selb/Höchstädt Rainer Flügel liebt Kaffee. Das sieht man auch, wenn man den Arbeitsplatz des Höchstädters in Selb betritt. Wer die Türe mit der Aufschrift „Auto-Doctor“ öffnet, wähnt sich zunächst in einem Café: Kaffeesäcke aus Jute schmücken das ganze Büro neben der Werkstatt, eine Decke mit Tassen-Motiv ziert den Tisch, und hinterm Tresen steht eine gewaltige Kaffeemaschine. Doch das ist nicht das ganz Besondere an dem Büro; das Highlight ist eine eigene Röstmaschine.

„Es ist seit Jahren mein Traum, meinen eigenen Kaffee zu rösten“, berichtet Rainer Flügel und füllt bedächtig einige Bohnen in seine Kaffeemaschine. Das Mahlwerk rattert, es brummt, zischt und dann durchflutet der typische Duft frischen Kaffees den Raum. „Seit 20 Jahren interessiere ich mich für Kaffee, das ist mein Hobby. Es gibt so viele Sorten, und ich habe irgendwann angefangen, mich intensiv damit zu befassen.“ Ungezählt viele Sorten hat er probiert, von billigen bis zu teuersten – selbst eine Tasse des berühmten Kopi Luwak hat er sich schon gegönnt. Das ist der „Katzenkaffee“, der aus unverdauten Bohnen in den Exkrementen bestimmter Schleichkatzen hergestellt wird. Angeblich der beste Kaffee der Welt, doch Rainer Flügel winkt ab: „Alles Psychologie. Bei 120 Euro fürs Kilo erwarten die Leute einfach, dass der Kaffee schmeckt. Dabei gibt es Guatemala-Kaffee, der von den Aromen her vergleichbar ist.“

Der Höchstädter ist ein wahrer Kaffeeexperte. Er kann über Plantagen in Kenia berichten, über Prozesse in großen Röstereien, und er weiß, wie man den perfekten Espresso zubereitet: „Das Wasser muss etwa 25 bis 27 Sekunden durch das Pulver fließen, und der Anpressdruck muss bei 15 Kilo liegen. Man muss auch beachten, wie man das Mahlwerk einstellt. Ich arbeite noch am optimalen Ergebnis“, lächelt er und deutet auf seine Espressomaschine.

Irgendwann war es so weit, und Rainer Flügel hat sich eine kleine Röstmaschine mit 200 Gramm Fassungsvermögen gekauft. „Dann habe ich herumprobiert, den Kaffee gut gefunden und dann beschlossen, dass ich mir eine große Maschine kaufe.“ Wobei „groß“ relativ ist. „Industriell gefertigter Kaffee wird blitzgeröstet. Die schaffen 800 Kilo Rohbohnen in drei bis vier Minuten und rösten bis 600 Grad heiß. Ich röste fünf Kilo in einer Stunde bei maximal 240 Grad“, beschreibt Rainer Flügel den Unterschied. Blitzgerösteter Kaffee röste oft nicht durch, deshalb seien in den Bohnen häufig viele Säuren enthalten, die den Kaffee schwer bekömmlich machten. Das langsame Rösten baue die Säure fast völlig ab. „Außerdem enthalten die Bohnen Zucker, der bei bestimmten Temperaturen karamellisiert – und wenn man den richtigen Moment verpasst, verbrennen sie und werden bitter.“

Rainer Flügel serviert eine Tasse Kaffee. Die Rohbohnen stammen aus der bekannten australischen Skybury-Plantage, gekauft hat er sie bei einem Hamburger Rohbohnenhändler, geröstet hat er sie in Selb. Der Kaffee umspült weich die Zunge, er hat einen gehaltvollen Körper und Noten von Karamell und Frucht hallen dem ersten Schluck nach. „Gell, schmeckt anders als der Industriekaffee“, sagt Rainer Flügel. „Ich kann schon gar keinen anderen mehr trinken, er schmeckt mir nicht mehr.“ Und Kaffee trinke er eigentlich ständig.

Zum Beispiel beim Rösten, denn da muss er bei der Sache sein. Wenn die Bohne heiß wird, gibt es den „first crack“, ein Knacken wie beim Popcorn machen. Hellere und damit mildere Röstungen werden an dieser Stelle beendet. Rainer Flügel wartet dann ab; je nachdem, welche Sorte er röstet, arbeitet er sich an den „second crack“ heran. Die Bohnen müssen im passenden Augenblick aus der Röstmaschine und sofort abgekühlt werden. Ist der rechte Zeitpunkt verpasst, verbrennt die Bohne und die Geduld war umsonst.

Bislang hat Rainer Flügel für sich und seine Freunde geröstet. Seit Donnerstag verkauft er ihn auch offiziell unter dem Namen „Colorcoffee“. Zu haben sind zwischen vier und sechs Sorten in 250-Gramm-Packungen, ungemahlen. „Gemahlener Kaffee beginnt schon nach 15 Minuten zu oxidieren und verliert an Geschmack“, weiß der Röster. Das kann aber auch den Bohnen passieren, deshalb verkauft Rainer Flügel nur kleine Packungen. „Die sind binnen zwei Wochen leicht verbraucht und man hat gleichbleibende Qualität.“ Klar sei sein Kaffee ein bisschen teurer als der industriell gefertigte. „Man muss sich das auf die Tasse ausrechnen: Der normale kostet drei oder fünf Cent und meiner zehn.“ Dafür beziehe er seine Rohbohnen nicht aus „Sklavenbetrieben“. Und wer Rainer Flügel eine Weile beobachtet, der kann sicher sein, dass sein Kaffee mit Liebe geröstet wird. tami

Seit 20 Jahren interessiere ich mich für Kaffee.

Kaffeeröster Rainer Flügel

 

Das passiert beim Rösten

Während des Röstvorgangs verändert die Bohne ihre Farbe von Hellgrün zu Brauntönen. Durch die „Maillard-Reaktion“ bilden sich spezielle Kaffeearomen. Dabei werden Aminosäuren und reduzierende Zucker unter Hitzeeinwirkung zu neuen Verbindungen umgewandelt.

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