Der Schritt von isolierten LANs zum Internet veränderte seinerzeit alles. Cisco will das wiederholen, in dem es Clouds zur Intercloud vernetzt. Die Branche macht mit.
„Vor 35 Jahren hatten wir [in den großen Unternehmen] isolierte lokale Netzwerke mit proprietären Protokollen wie Apple Talk und Novells Netware. Heute haben wir proprietäre Clouds, die vom jeweiligen Anbieter definiert werden“, sagte Nick Earle von Cisco auf der Cisco Live US in San Diego. „Dabei ist die Interoperabilität kein wichtiges Designkriterium.“ Cisco tritt an, das zu ändern.
Seit vorigem Jahr geht der Netzwerkausrüster mit dem Wort Intercloud hausieren. Das Inter soll die Parallele zur Einführung des Internet auf Grundlage eines einheitlichen Protokolls (TCP/IP) symbolisieren. So ähnlich wie das Internet die isolierten LANs vernetzt und damit Kommunikation und Datenverarbeitung revolutioniert hat, soll auch die Intercloud die einzelnen Clouds vernetzen und die Datenverarbeitung flexibler machen.
Ziel ist, die proprietären Datencenter weitgehend kompatibel zueinander zu machen. Die IT-Abteilung eines großen Unternehmens soll dieselben Werkzeuge zur Verwaltung ihrer Daten, Nutzerkonten und Anwendungen nutzen können, egal welcher Cloud-Provider und welches Virtualisierungssystem gerade genutzt wird. In gleicher Weise sollen Sicherheitseinstellungen und Richtlinien (Policies) einheitlich gemanagt werden können.
Tugend aus der Not
Ursprünglich war die Intercloud nicht als Produkt gedacht. Cisco hatte festgestellt, dass das Unternehmen selbst viele verschiedene Clouddienste nutzt. „Unsere IT-Chefin erstellte eine Liste. Demnach hatte die IT-Abteilung etwa 60 bis 70 verschiedene Clouddienste autorisiert. Als wir dann gezählt haben, was tatsächlich verwendet wird, kamen wir auf 675“, verriet Earle. Bis Jahresende könnte die Zahl sogar auf über 1000 steigen.
Die Durchsetzung der internen Richtlinien und der jeweiligen nationalen Vorschriften, insbesondere über Datenschutz und Dokumentationspflichten, ist bei einer Zersplitterung auf inkompatible Dienste ein enormer Aufwand. Um sich den zu ersparen, entwickelte Cisco ein einheitliches System für das Management der unterschiedliche Clouddienste. Der australische Netzbetreiber Telstra machte Cisco dann darauf aufmerksam, dass auch viele andere große Unternehmen mit denselben Problemen zu kämpfen haben.
So nahm die Intercloud ihren Anfang. 300 Datencenter in 50 Ländern machen bereits mit, darunter Amazon (AWS) und Microsoft (Azure). Auch die Deutsche Telekom zählt Cisco inzwischen zu den Intercloud-Nutzern. Insgesamt 35 Softwareanbieter hat Cisco für die Intercloud bislang gewinnen können. Eine Developer-Initiative soll dieses Angebot wachsen lassen. Im Spätsommer soll ein neuer Marktplatz für Intercloud-Software und -Dienstleistungen eröffnet werden.
Cisco glaubt, mit der Intercloud auch das Problem der Nationalisierung der Datenspeicherung lösen zu können. Manche Staaten oder auch die EU verbieten die Speicherung bestimmter Daten im Ausland oder schränken das auf ausgewählte Länder ein. Das beschränkt den Wettbewerb und führt zu höheren Preisen. Die Branche hofft nun auf eine Lockerung dieser Bestimmungen, sobald sich nationale Vorschriften durch einheitliche Policies weltweit umsetzen lassen.
Cisco hat einen Teil der Reisekosten für die Teilnahme des Autors an der Cisco Live übernommen. (Daniel AJ Sokolov) / (dz)