Gaunereien um verbliebene IPv4-Adressblöcke

Gepostet am Nov 10, 2014

Bild: dpa, Franz-Peter Tschauner

Im Rahmen eines Meetings in der britischen Hauptstadt vereinbarten die RIPE-Mitglieder jetzt eine Überarbeitung der IPv4-Vergaberegeln. Bisher lässt sich ein eigentlich für Start-Ups reservierter Block für bis zu 8000 Euro losschlagen,

Das RIPE NCC, der operative Arm der IP-Adressverwaltung für Europa und den Nahen Osten, warnte beim RIPE 69-Treffen in London vor einer neuen Masche, IPv4-Adressen für den Wiederverkauf abzugreifen. Entgegen der für die letzten IPv4-Ressourcen des RIPE vereinbarten Regeln, bedienten sich einige unlautere Unternehmen gleich mehrfach, indem sie sich immer wieder mit neuem Namen beim RIPE NCC in die Schlange stellen. Die RIPE-Mitglieder vereinbarten nun, der Ganuerei durch ein Update der IPv4-Vergabepolitik einen Riegel vorzuschieben.

Mitte 2012 vergab das RIPE NCC die letzten regulären IPv4-Adressen an Provider und Unternehmen. Vom eigens reservierten /8-Block wollte die für Europa zuständige Adress-Registry fortan für jedes neue Mitglied jeweils ein kleines Stück abschneiden ? in der Größe eines /22-Blocks. So wollte das RIPE Start-Ups auf Jahre hinaus mit IPv4-Adressen versorgen.

Kapital aus Knappheit

Die knappen IPv4-Adressen sind inzwischen allerdings eine lukrative Ware. Um aus der Knappheit Kapital zu schlagen, haben sich einige Unternehmen darauf verlegt, durch Unternehmensneugründungen zusätzliche /22-Zuteilungen zu ergattern. Der modus operandi, den die hauptamtlichen Mitarbeiter der Adressverwaltung beim Treffen in London beschrieben, sieht so aus: Die vorgeblichen Neugründer holen sich ihren Adressblock ab, verkaufen ihn meistbietend, schließen ihr Unternehmen, gründen sich neu und fangen wieder von vorne an.

Rund 8000 Euro könne ein solcher /22-Block auf dem Markt einbringen, bestätigte einer der Leiter der Adress-Policy-Arbeitsgruppe beim RIPE, Gert Döring, gegenüber heise online. Döring begrüßte erste Vorschläge, die den Adresshandel unattraktiver machen sollen.

Besonders die Idee, ein zwei Jahre dauerndes Veräußerungsverbot für die neu zugeteilten /22-Blöcke festzulegen, könne das Modell finanziell unattraktiv machen. Wenn die Händler die Adressen zwei Jahre halten müssten, sinke automatisch die Gewinnspanne. Denn sie müssten für die Adressen zweimal die RIPE-Mitgliedsgebühr von je rund 2000 Euro tragen. Zudem könnten sie sich nicht sicher sein, so Döring, ob die IPv4-Adressblöcke auf dem freien Markt auch in zwei Jahren noch zu aktuellen Preisen gehandelt werden.

Einige RIPE-Mitglieder mahnten zur Eile, bevor zu viele /22-Blöcke auf diese Weise seriösen Neugründern entzogen werden. Döring hält dem entgegen, dass zwar dreieinhalb Monate für Debatte, Review und Last Call nötig seien, dass das RIPE jedoch nach wie ausreichend Reserven habe. Auch hätten rund 4000 der insgesamt 11.000 Mitglieder ihren letzten IPv4-Block bereits erhalten, ergänzt Döring. Man könne also noch eine ganze Weile IPv4-Adressen ausgeben.

Tatsächlich hat das RIPE NCC ? ebenso wie die Schwesterorganisationen in Asien, Nord-Amerika, Lateinamerika und Afrika ? die IPv4-Bestände wieder ein wenig auffüllen können. Die Internet Assigned Numbers Authority, die über den Pool aller Adressen wacht, hat in diesem Jahr aus zurückgegebenen IPv4-Adressen bereits einen großen /12-Block neu vergeben. Demnächst gibt es von der IANA auch einen /13-Block, der sich aus nicht mehr genutzten und daher eingezogenen Adressen speist. Auch beim RIPE werden nicht mehr genutzte Adressblöcke eingezogen.

(Monika Ermert) / (map)

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