Ein Platz unter den Besten der Besten

Gepostet am Aug 25, 2014

Münchberg – „Ich wollte etwas Neues ausprobieren, deshalb habe ich mich an der École Polytechnique beworben“, sagt Christoph Weber. „Und da nichts Schlimmeres als eine Absage kommen konnte, habe ich auch nicht viel Mut zu diesem Schritt gebraucht.“ Eine Absage hat der 22-Jährige nicht erhalten – im Gegenteil: Vom 6. September an wird er an der Universität in der Gemeinde Palaiseau, nahe Paris, studieren.

Das französische Wort École heißt im Deutschen Schule, aber „die École ist eigentlich nicht zu vergleichen mit einer deutschen Schule oder Universität. Hier bei uns herrscht kein zwei-Klassen-Bildungssystem wie in Frankreich“, stellt Christoph klar. „An die École Polytechnique kommt man als Franzose nur, wenn man vorher auf einer besonders leistungsfördernden Schule gewesen ist – und ausschließlich mit herausragenden akademischen Leistungen.“

Deshalb bedeutet ein Polytechniciens zu sein, mehr als bloß auf eine Schule zu gehen; es heißt zu studieren – und zwar in erstklassiger Art und Weise: Nur die besten fünf Prozent aller Bewerber bekommen die Chance an der renommierten École zu lernen. Ein Münchberger zählt nun zu diesem erlesenen Kreis aus 18 Gaststudenten. Berühmte Naturwissenschaftler wie die Nobelpreisträger Henri Bequerel und Maurice Allais besuchten einst schon die École Polytechnique.

Bis für Christoph feststand, dass er dort studieren darf, musste er sich in Geduld üben. Nachdem er seine Bewerbung abgeschickt hatte, ließ ihn die École zweieinhalb Monate warten. Dann erst kam die Zusage – erst per Mail, später dann schriftlich mit der Post. „Da war die Freude natürlich groß“, erinnert sich der Mathematikstudent.

Bei einem derart aufwendigen Bewerbungsprozedere gut nachvollziehbar: Christoph hatte sich mehrere Fach- und Persönlichkeitsgutachten von Professoren ausstellen lassen, eine Statistik mit den Besten des Studiengangs auftreiben müssen, ein Motivationsschreiben angefertigt, sein Curriculum von Beginn an detailliert dargelegt und viele Stunden mit der Bürokratie im Prüfungsamt gekämpft.

Der 22-Jährige erzählt, dass seine Freunde und Kommilitonen es cool finden, dass er bald in Paris studiert. Und mit einem Schmunzeln fügt er hinzu: Sie sagen aber auch, dass man ein Auslandssemester einfacher haben könne – ohne den Bewerbungsaufwand und ohne großen Leistungsdruck. Der junge Mann aus Münchberg setzt eben andere Prioritäten. Trotzdem möchte er Frankreich, vor allem Paris, kennenlernen: „Ich werde sehen, wie es sich zeitlich realisieren lässt. Aber das Land soll nicht zu kurz kommen.“

In den nächsten drei Monaten wird Christoph allerlei Neues kennenlernen. Nicht nur Frankreich ist für ihn fremd. An der École wird er auch auf junge Menschen aus anderen elitären Kaderschmieden wie der amerikanischen Harvard-University oder der Zhejiang Universität in China treffen. Doch Christoph braucht sich nicht zu verstecken: Die TU München genießt weltweit einen exzellenten Ruf unter Naturwissenschaftlern. Das belegen Universitäts-Rankings immer wieder.

Christoph beschreibt sich selbst als sehr ehrgeizig. Das hohe fachliche Niveau an der École sieht er als Herausforderung. „Ich vermute, es wird eine stressige Zeit. Aber ich freue mich darauf. Die Kommilitonen sind bestimmt interessant, weil sie ja von überall her sind und weil wir alle die gleichen Ambitionen haben“, sagt Christoph, der sein Studium gerne mit einer Promotion abschließen möchte. Aber bis zum Doktortitel ist es noch lange hin, jetzt gehe er erst einmal nach Frankreich und dann wolle er den Master machen. „Mal schauen was kommt.“

Was in den nächsten drei Monaten genau auf ihn zukommt, kann er nicht einschätzen, aber er wisse, dass die École Polytechnique einen General als Schulleiter hat. Die Hochschule lege Wert auf militärische Traditionen, weshalb französische Schüler zunächst einen zehnmonatigen Grundwehrdienst ableisten müssen. Am Ende sind sie Reserveoffiziere und haben somit einen militärischen Dienstgrad. Für Austauschstudenten gilt dies allerdings nicht. Christoph wird durchgehend zivil studieren – in Trimestern: eine Besonderheit des Militärs. Deshalb kommt er auch vor Weihnachten schon wieder nach Hause.

Für das Studium bedeutet das einen gut gefüllten Terminkalender. „Mein Curriculum ist extrem breit gestreut. Neben dem eigentlichen Studium belegt man Kurse, in denen man einmal über den Tellerrand der Naturwissenschaften schaut. Außerdem sind sechs Stunden pro Woche für Sport eingeplant. Das ist nicht etwa Freizeit, sondern verpflichtend. Gaststudenten besuchen nebenbei auch einen Sprachkurs.“ Die vielen Pflichten klingen anstrengend, aber, betont er, „es kann für mich nur von Vorteil sein, persönlich und fachlich gesehen“. Er hofft, seine Französischkenntnisse zu verbessern und einen Einblick in eine fremde Kultur zu gewinnen. Nach seinem Studium, will Christoph in die Wirtschaft gehen. „Für Mathematiker sind Banken, Versicherungen und Unternehmensberatungen die Top-Arbeitgeber“, weiß er. Wohin es ihn verschlage, „wird die Zukunft zeigen“.

 

Hier bei uns herrscht kein Zwei-Klassen-Bildungssystem wie in Frankreich.

 

Für Mathematiker sind Banken, Versicherungen und Unternehmensberatungen die Top-Arbeitgeber.

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