(Bild: Heise)
Die Länderkammer fordert, mit dem geplanten WLAN-Gesetz Hotspot-Anbieter grundsätzlich von der Störerhaftung auszuschließen. Auch einen Auskunftsanspruch bei Online-Hetze soll es künftig geben.
Der Bundesrat macht sich für umfangreiche Korrekturen am umstrittenen WLAN-Gesetzentwurf der Bundesregierung stark. Hotspot-Betreiber sollen demnach deutlich weitgehender vom Damoklesschwert der Störerhaftung befreit werden, als es das Bundeskabinett bisher geplant hat.
Die Anbieter drahtloser Internetzugänge dürften laut einer am Freitag von der Länderkammer angenommenen Stellungnahme nicht verpflichtet werden, „angemessene Sicherungsmaßnahmen“ wie eine Routerverschlüsselung vorzunehmen. Sie sollen Nutzer auch nicht dazu verdonnern müssen, in Vertragsbedingungen etwa über das Setzen eines Häkchens einzuwilligen.
Landespolitiker unter anderem aus Thüringen oder Nordrhein-Westfalen hatten sich vorab für entsprechende Änderungen stark gemacht und die Position in den Ausschussberatungen weitgehend festgezurrt. Thüringen ging der Kompromiss aber noch nicht weit genug, drängte in eigenen Anträgen kurzfristig darauf, Provider aller Art bei der Haftung ganz gleichzustellen und auch private Anbieter einzubeziehen. Dafür fand sich aber keine Mehrheit.
Vermutungsregel könnte Medienvielfalt und Meinungsfreiheit einschränken
Seine Initiative begründet der Bundesrat damit, dass die Bundesregierung unbestimmte Rechtsbegriffe einführe, die weiterhin durch die Gerichte ausgelegt werden müssten. So werde die derzeitige Rechtslage nicht verbessert und das Ziel nicht erreicht, mehr öffentlichen WLAN-Zugängen den Boden zu bereiten. Dagegen seien nachteilige Auswirkungen auf die Strafverfolgung genauso wenig zu erwarten wie eine Zunahme von Urheberrechtsverletzungen, denn die Bedeutung von Filesharing sei gesunken.
Die Störerhaftung soll dem Gremium zufolge für den Fall nicht ausgeschlossen werden, wenn ein Diensteanbieter absichtlich mit einem Nutzer zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen. Eine solche Kooperation sei nicht schutzwürdig.
Der Bundesrat plädiert ferner dafür, die geplante neue „Vermutungsregel“ zu streichen, da sich diese negativ auf die Medienvielfalt und die Meinungsfreiheit auswirken könnte. Mit der Klausel will die Bundesregierung die Haftung für „gefahrgeneigte Dienste“ wie Filehoster oder Cloud-Dienste generell verschärfen, was die Internetwirtschaft scharf kritisiert.
Kritiker warnen: Anonyme Internetnutzung vor dem Aus
Die Länderchefs stimmten auch für einen Vorstoß des Rechtsausschusses, wonach Anbieter von Telemediendiensten Bestands- und Nutzungsdaten auch zur „Durchsetzung von Persönlichkeitsrechten“ herausgeben sollen. Sie setzen darauf, mit einem solchen neuen Auskunftsanspruch Hassbotschaften, Hetze oder Mobbing vor allem in sozialen Netzwerken und Online-Foren bekämpfen zu können. Kritiker warnen hier aber vor einem Aus für die anonyme oder pseudonyme Internetnutzung und einem unverhältnismäßigen Einschnitt in die Meinungsfreiheit.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) betonte, dass der Regierungsentwurf in die richtige Richtung gehe, „aber leider nicht weit genug“. Ein umfangreicher Ausbau von WLAN-Hotspots in den Kommunen werde damit nicht befördert. Offene drahtlose Netzwerke seien aber auch für Flüchtlinge wichtig, die häufig Smartphones besäßen.
Störerhaftung ein „sehr deutsches Phänomen“
Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bezeichnete die Störerhaftung als „Bremsklotz“ für die digitale Gesellschaft und „sehr deutsches Phänomen, das die Regierung nur verschlimmbessern wolle“. Ein Vertreter der Bundesregierung kritisierte dagegen, dass die Länder nun alle Funknetze einschließlich etwa von Mobilfunk und Richtfunkstrecken von der Haftung ausnehmen wollten.
Die Gesetzesinitiative geht jetzt in den Bundestag. Der Bundesrat ist nicht zustimmungspflichtig, könnte das Vorhaben in der zweiten Runde aber zumindest noch ausbremsen, wenn die Abgeordneten seinen Wünschen nicht folgen. (kbe)