Porno-Abmahnungen
Hintermänner im Redtube-Fall machen sich aus dem Staub
17.01.2014, 06:38 Uhr | t-online.de
Die Verantwortlichen von The Archive AG räumen ihre Posten ? vielleicht, um einer Anklage zu entgehen? (Quelle: Screenshot/Rüdiger Wölk/imago)
Den Hintermännern der Redtube-Abmahnwelle wird der öffentliche Druck offenbar zu groß. Wie bekannt wurde, hat der bisherige Chef von The Archive AG seinen Posten Mitte Dezember geräumt. Zudem zog die Firma, in deren Namen die Kanzlei U+C abmahnt, um und ist seitdem nicht mehr erreichbar.
Der Fall Redtube entwickelt sich immer mehr zu einem undurchsichtigen Krimi: Bereits Mitte Dezember nahm der bisherige Direktor Philipp Wiik seinen Hut, wie dem Handelsregister des Kantons Zürich zu entnehmen ist. Doch Ersatz war schnell gefunden. The Archive AG ließ einen Staatsangehörigen des westafrikanischen Staates Benin namens Nounagnon Sedjro Crespin Djengue als neuen Direktor einsetzen.
Gleichzeitig verlegten die Verantwortlichen die Adresse der Firma aus dem Schweizerischen Bassersdorf nach Weisslingen, das ebenfalls in der Schweiz liegt. Abseits der neuen Adresse gibt es allerdings keine Kontaktmöglichkeiten mit den Geschäftsleuten von The Archive AG mehr. Die Internetseite der Firma ist offline, neue Telefonnummern sind nicht bekannt.
Sammeln von IP-Adressen war illegal
Ähnliches geschah mit der Firma itGuards in den USA, wie Blogger Klemens Kowalski herausfand. Diese hatte für The Archive AG die IP-Adressen der Abgemahnten ermittelt. Wer versucht, die Internetseite der Firma aufzurufen, über die zuvor unter anderem die Anschrift von itGuards abrufbar war, landet inzwischen auf einer leeren Seite von wix.com, einem WordPress-ähnlichen Werkzeug zum Erstellen von Internetseiten.
Das Nachrichtenmagazin Schweizmagazin recherchierte unterdessen, dass die Beschaffung der IP-Adressen der abgemahnten Redtube-Nutzer laut Schweizer Recht eine Straftat gewesen sein dürfte. Laut einem Urteil des Bundesgerichts Lausanne aus dem Jahr 2010 würden IP-Adressen unter das Datenschutzgesetz fallen und somit wäre es unzulässig, wenn private Unternehmen diese heimlich ausforschten. Stattdessen wäre dies Aufgabe der Staatsorgane.
Aufgrund der Rechtslage könnten abgemahnte Internetnutzer mit Wohnsitz in der Schweiz hohe Schadensersatzforderungen gegen The Archive AG durchsetzen, wie Schweizmagazin weiter berichtet. Auch sei denkbar, dass die Schweizer Behörden Ermittlungen wegen bandenmäßigen Betrugs aufnehmen könnten.
Flucht hilft im Falle von Ermittlungen nicht mehr
Die Tageszeitung Die Welt ergänzt, dass den Hintermännern eine vermeintliche Flucht nach Deutschland nicht helfen dürfte. Philipp Wiik und Ralf Reichert ? Mitglied des Verwaltungsrats von The Archive AG ? sind zwar deutsche Staatsangehörige, doch im Falle von Ermittlungen durch Schweizer Behörden, könnten letztere auf Rechtshilfe aus Deutschland zählen.
Berichte, Interviews und Videos
Ob auch auf die beteiligten Rechtsanwälte und Kanzleien rechtliche Konsequenzen aufgrund der fragwürdigen Ermittlung der IP-Adressen zukommen könnten, bleibt noch offen.
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