Test Disney-Infinity | Action | PS3, Wii, Wii U, Xbox 360
Disneys großes Star-Ensemble
11.09.2013, 15:56 Uhr | Robert Bannert (ams / nic), Medienagentur plassma
Disney Infinity (Quelle: Disney Interactive)
Früher waren Action-Figuren zum Videospiel reine Deko für die gute Zockerstube, doch seit „Skylanders“ sind sie auch gerne mal direkt mit dem Spiel verknüpft: Spielinformationen wie Levels und virtuelle Besitztümer der Charaktere werden auf dem Spielzeug gespeichert, damit man sie zwischen unterschiedlichen Konsolen hin und her tragen kann. Die Helden selber wiederum motivieren durch unterschiedliche Fähigkeiten und Attribute zum regen Tausch während des Spielens. Jetzt betritt auch Trickfilm-Experte Disney das Feld: Mit bekannten Konzernmarken wie „Fluch der Karibik“, „Cars“ & Co. will man den „Skylanders“ tüchtig Dampf machen.
Konkurrenz für die Skylanders
Wie das Vorbild kombiniert „Disney Infinity“ für PS3, Xbox 360, Wii und Wii U Videospiel mit Action-Figuren-Kosmos, indem man die kleinen Plastikhelden mit Hilfe eines USB-Zubehörs von der realen in die virtuelle Welt beamt. Anstatt wie Activision bei den Skylinaders speziell auf das Spiel zugeschnittene Charaktere zu entwickeln, bedient sich der US-Unterhaltungsriese naturgemäß beim gigantischen Fundus seiner weltweit beliebten Hausmarken.
Mit Jack Sparrow auf Beutejagd
Neben diversen Computer-generierten Trickfilmen von Hit-Lieferant Pixar und den hauseigenen Animationsstudios zelebriert man die Realfilm-Marken von Erfolgsproduzent Jerry Bruckheimer und Leinwand-Pirat Johnny Depp: Jack Sparrow läuft mit seinem „Fluch der Karibik“-Pott aus, auch Tintenfisch-Maul Davy Jones und der korrupte erste Maat Barbossa sind mit von der Piraten-Partie. Außerdem findet Depp als der erst kürzlich verfilmte Indianer Tonto aus „Lone Ranger“ ins Spielzeugregal respektive Spiel..
Wiedersehen mit der Disney-Familie
Trickfilmseitig geben sich Pixar-Promis wie „Cars“-Front-Flitzer Lightning McQueen nebst Comic-Fuhrpark, Superhelden-Familie „Incredibles“ („Die Unglaublichen“) plus Erzekel „Syndrome“ sowie Mike, Sulley und Randel aus „Monster Uni“ die Ehre. Erst kürzlich hat Disney Nachschub angekündigt: Zu den bereits erhältlichen 17 Figuren gesellen sich bald Charaktere aus Tim Burtons schaurig-schönem Stop-Motion-Klassiker „Nightmare before Christmas“, „Toystory“, der Trickfilm-Reihe „Phineas & Ferb“, dem kommenden Weihnachtsfilm „Die Eiskönigin“, dem Zocker-Movie „Ralph reicht?s“ sowie dem bekannten Prinzessinnen-Aufgebot aus Disneys Märchenfilm-Universum.
Von der Realität in die Virtualität
Obwohl die fein modellierten Figuren aus den derzeit kaum zu übersehenden Infinity-Auslagen nicht so prominent und organisch ins Spielkonzept integriert wurden wie bei den Skylanders, geht es auch hier nicht ohne. Entsprechend beherbergt das Spiel neben dem USB-Portal bereits drei Figuren: Jack Sparrow, Monster-Sulley und den muskelbepackten Mr. Incredible. Ebenfalls mit dabei sind die passenden Playsets ? kleine, transparente Pokale, die ebenso wie die Figuren (das Portal fasst zwecks Mehrspieler-Tauglichkeit zwei Plastik-Helden) in einer eigenen Aussparung Platz finden, wo sie per Elektro-Magnetismus mit der Videospielkonsole kommunizieren.
Familienfreundliche Unterhaltung
Während das Playset das jeweilige Abenteuer zugänglich macht, sind die Figuren erforderlich, um es mit einem passenden Alter Ego erforschen zu können: Derweil Jack Sparrow & Co. mit ihrem morschen Kahn Seeschlachten bestreiten und Schatzinseln anlaufen, erforschen die „Cars“ nach Rennspiel-Art das Wüstenkaff Radiator Springs, kloppen sich die Indrecibles durch eine von Spielzeugfigürchen bevölkerte Großstadt und verteidigen Lone Ranger beziehungsweise Tonto ein staubiges Wild-West-Nest. Weil Disney das Paket schön familienfreundlich halten wollte, wird zwar ordentlich gekloppt und geballert, doch die Gegner sind allesamt Spielzeuge. Außerdem schießen Sparrow, Ranger & Co. nicht mit scharfer Munition, sondern ploppenden Pömpeln. Obwohl die offene Missionsstruktur der weitgehend frei begeh- beziehungsweise befahrbaren Playsets an Open-World-Titel wie „GTA“ erinnert, ist das jeweilige Terrain vergleichsweise überschaubar ? hier sollten sich trotz teils stattlicher To-Do-Liste auch die von Disney angepeilten Kids schnell zurechtfinden und das jeweilige Szenario in rund sechs Stunden gelöst haben.
Plumpe Verkaufsmasche?
Obwohl die Mixtur aus Action-Spiel, Jump?n?Run sowie unterschiedlichen Herausforderungs-Modi ordentlich Laune macht (mit Fluch der Karibik als stärkstem und Lone Ranger als schwächstem Playset), so kommt der Einsatz der Figuren leider viel zu kurz und ist allzu schnell als wenig feinsinnig ins Spielkonzept implementierte Verkaufsmasche entlarvt: Anders als bei den Skylanders werden kaum fürs Spiel relevante Daten im Sockel der Helden gespeichert, außerdem sind die Charaktere nicht spezialisiert genug, um einen fliegenden Figuren-Wechsel zu erfordern, wie man ihn vom Activision-Produkt kennt. Auch das Rollenspiel-Element ist bestenfalls dezent: Zwar akkumuliert der Charakter durch das Auflesen von ,Funken? augenscheinlich Erfahrung, doch der dabei anwachsende Level der Figur ist nur bei deren Platzierung auf dem Portal sichtbar und hat kaum spürbare Auswirkung auf Kampfgeschick oder die übrige Performance der kleinen Disney-Ikone.
Das 15 minütige „Let’s Play“-Video von Creative Assembly und Sega zeigt ausführlich Gameplay-Szenen.
Teures Vergnügen
Richtig wirkungsvoll sind dagegen die Bonusmünzen oder Power-Discs, die in Sammelkarten ähnelnden Blistern verkauft werden: Jedes Tütchen enthält zwei nach dem Zufallsprinzip einsortierte Disks ? es handelt sich also um einen Blindkauf nach Trading-Card-Art. Da Disney nur 40 verschiedene Modelle herstellt, ist die Chance auf Doppelkäufe entsprechend hoch. Und teuer wohlgemerkt, denn jeder Blister kostet (je nach Handelspartner) vier bis sechs Euro. Ohne macht Infinity aber nur halb so viel Spaß, denn im Spielkonzept nehmen die Münzen eine zentrale Rolle ein: Während die runden Modelle unter den Sockel der Figur gelegt werden, um zum Beispiel deren Angriffsfertigkeiten zu multiplizieren oder gesammeltes Gold zu vermehren (bis zu zwei Stück auf einmal ? für interessant Kombi-Effekte), finden von den sechseckigen Exemplaren bis zu drei Stück auf einmal in der Playset-Aussparung Platz, um das Design der sogenannten „Toybox“ zu verändern oder sie um zusätzliche Objekte zu bereichern.
Der kleine Disney-Baumeister
Womit die kleinen, kantigen Scheibchen für Infinity ungefähr so wichtig sind wie für einen „Minecraft“-Baumeister seine Rohstoffe, denn die Toybox ist das Herzstück des Spiels: Hier toben Sie sich mit den Gegenständen und Bauteilen kreativ aus, die Sie zuvor in den Playsets erobert haben: Aus unterschiedlichen Landschaftselementen wird blockweise ein interessantes Terrain voller Höhen und Tiefen sowie Täler oder Überhänge, anschließend verteilt man Details wie Flüsse, kuschelige Märchenwälder oder Gebäude.
Helden-Treffpunkt Toybox
Der Gag dabei: Weil Infinity seine eigene, schlichte Programmierungs-Logik mitbringt, lassen sich unterschiedliche Objekte und sogar Figuren so miteinander verknüpfen, dass man mit ihnen Spiele wie simple Jump?n?Runs, Action-Games oder Beat?em-Ups konstruieren kann. Besonders anspruchsvoll sind die Resultate nicht ? aber unterhaltsam allemal, weil man gemeinsam an ihnen bauen beziehungsweise in ihnen herumtollen darf. Davon abgesehen ist der virtuelle Baukasten der einzige Ort, an dem sich Charaktere aus allen Playsets treffen dürfen: Für gewöhnlich ist jeder Held auf sein heimisches Playset beschränkt.
Was uns gefällt
Unterschiedliche Playsets und eine endlose Menge an Toybox-Gegenständen garantieren, dass Disney Infinity so schnell nicht langweilig wird, außerdem warten einige der putzig gestalteten Spielzeugwelten mit besonderen Design-Gimmicks auf: Jack Sparrow bastelt sich aus verschiedenen Teilstücken sein eigenes Schlachtschiff zusammen, um dann nach „Assassin’s Creed 3“-Art feindliche Pötte von den Wellenkämmen zu pusten, Tonto bastelt an seiner eigenen Tschu-Tschu-Bahn und die „Cars“ spielen auch gerne mal Abschleppdienst. Die wunderschön modellierten Figuren sind ein echter Hingucker und für zehn bis 13 Euro pro Stück obendrein ein erschwingliches Sammlerstück.
Was uns nicht gefällt
Die all zu überschaubaren Playsets hätten gerne größer ausfallen können, obendrein sind ihre vielen im Plastikpuppen-Look gehaltenen Bewohner schlicht grottenhässlich. Wirklich geärgert hat uns allerdings, dass bei der an sich reizvollen Spiel-Spielzeug-Kombi viel Potenzial verschenkt wird: Die wenigen erforderlichen Charakterwechsel wirken aufgezwungen und vermitteln den Eindruck eines Konzepts, das nicht in erster Linie dem Spieler, sondern vor allem der Disney-Kasse hilft. Das hat bei den Skylanders erheblich besser funktioniert. Ein weiterer Kratzer im Figuren-Rezept sind die mangelnden Möglichkeiten zur Individualisierung der einzelnen Spielzeuge: Sammeln und Hochleveln haben kaum einen spürbaren Effekt.
Fazit
Wer Disney-Charaktere liebt, einen Faible fürs Figuren-Sammeln hat und die extrem kindgerechte Ausrichtung von Infinity goutieren kann (zum Beispiel, weil er selber ein Kind geblieben ist), der bekommt eine ausgeklügelte Kombination von Abenteuerspielplatz und wunderschönen Figuren, die allerdings ein bisschen zu wenig miteinander kommunizieren. Spielerisch haben die schlachterprobteren Skylanders und ihre im Oktober anrückende Inkarnation „Swap Force“ mehr zu bieten, doch Disney-Sammler können mit Infinity nicht viel falsch machen.
Infos zum Spiel
Titel: Disney Infinity
Genre: Action
Publisher: Disney Interactive
Hersteller: Avalanche
Release: Im Handel
Preis: zirka 60 Euro (Starter-Set), zirka 12 Euro pro Figur, zirka 25 Euro für ein Playset mit zwei Figuren, zirka 5 Euro für ein Blister mit zwei Bonusmünzen
System: Xbox 360, PS3, Wii U, Wii
USK-Freigabe:Ab 6 Jahren
Wertung: Gut
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11.09.2013, 15:56 Uhr | Robert Bannert (ams / nic), Medienagentur plassma