Whistleblower: Verräterische Drucker

Gepostet am Jun 10, 2017

Inhalt

  1. Seite 1 ? Verräterische Drucker
  2. Seite 2 ? Wer Dokumente leakt, muss sich schützen

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In den USA ist Journalisten passiert, was nicht passieren darf: Eine ihrer mutmaßlichen Quellen wurde vom FBI enttarnt. Die 25-jährige Reality Leigh Winner wurde festgenommen und muss eine lange Gefängnisstrafe fürchten, weil sie geheime Dokumente weitergegeben haben soll. Winner wurde wahrscheinlich durch Unachtsamkeit und durch kaum sichtbare Muster verraten, die Drucker zu genau diesem Zweck auf jeder ausgedruckten Seite hinterlassen. Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, dass sich Whistleblower und Medien gegenseitig schützen, wenn sie Probleme aufdecken.

Am 5. Juni hatte die Nachrichtenseite The Intercept eine Geschichte über Hackingversuche des russischen Geheimdienstes im Vorfeld der US-Wahl veröffentlicht. Grundlage war eine geheime Studie des US-Geheimdienstes NSA über diese Hackerangriffe. Die NSA-Studie sei anonym eingesandt worden und man habe ihre Echtheit bestätigt, schreiben die Autoren von The Intercept. Die Studie wurde anschließend im Bericht zitiert und, um zu belegen, dass man nichts verbirgt oder verschweigt, auch in Gänze veröffentlicht.

The Intercept handelte korrekt und überprüfte das anonym eingesandte Papier. Journalisten müssen ihre Informationen durch eine zweite Quelle, die von der ersten unabhängig ist, absichern. Erst nachdem jemand die Echtheit bestätigt hatte, konnte das Medium es verwenden. Nur so lässt sich verhindern, dass falsche Informationen verbreitet werden. Möglicherweise ist den Journalisten dabei jedoch ein verhängnisvoller Fehler passiert.

Behörden gingen sofort auf Spurensuche

Denn kurz darauf nahm das FBI Winner fest, die bei einem Subunternehmen für die NSA arbeitete. Sie soll die Whistleblowerin sein, die das Dokument anonym an die Journalisten schickte. Die Verantwortlichen von The Intercept schreiben in einer Stellungnahme, die Anschuldigungen gegen Winner seien zum jetzigen Zeitpunkt ebenso wenig bewiesen wie die Angaben des FBI zu ihrer Enttarnung.

Das amerikanische Justizministerium hatte zuvor die eidesstattliche Erklärung veröffentlicht, mit der das FBI den Antrag auf einen Haftbefehl gegen Winner begründete. Darin steht, eine US-Regierungsbehörde sei am 30. Mai von einer Nachrichtenseite über eine geplante Veröffentlichung unterrichtet worden. Die Journalisten hätten einen geheimen Bericht vorliegen und hätten eine Kopie des Berichtes übersandt.

Damit bekam die NSA das Dokument zurück, das aus einem ihrer Büros kopiert wurde. Es war nicht das erste Interesse der amerikanischen Regierung, den Journalisten bei ihrer Arbeit zu helfen. Die namentlich nicht genannte Regierungsbehörde ? wahrscheinlich die NSA ? begann vielmehr sofort, das Dokument zu analysieren, um die Quelle des Lecks zu finden.

Drucker hinterlassen Spuren

Wie der Haftbefehl erahnen lässt, ist das der NSA schnell gelungen. Denn die Whistleblowerin hat möglicherweise einen gefährlichen Fehler gemacht. Winner hatte die NSA-Studie offenbar von ihrem Dienstrechner aus ausgedruckt und diesen Ausdruck mitgenommen und Journalisten übergeben.

Viele moderne Drucker hinterlassen auf jeder ausgedruckten Seite kaum sichtbare Muster, die aus winzigen gelben Punkten bestehen. Die amerikanische Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) hat diesen versteckten Code bereits 2005 geknackt und veröffentlicht (hier eine ausführliche Dokumentation, wie man ihn erkennt und entschlüsselt). Mit bloßem Auge sind die Punkte nicht zu sehen und viele Menschen wissen sicher nicht, dass sie existieren. Dieser Code ist ein Zugeständnis der Druckerhersteller an die Sicherheitsbehörden. Er ist eine Art Hintertür, um zurückverfolgen zu können, wo eine Seite wann ausgedruckt wurde.

Das NSA-Dokument, das The Intercept zur Gänze veröffentlicht hat, enthält einen heimlichen Code aus gelben Punkten. Der Sicherheitsforscher Robert Graham erklärt in einem Blogpost, wie man sie sichtbar macht. Der Code zeigt: Das geleakte Dokument wurde auf einem Drucker mit der Modellnummer 54 und der Seriennummer 29535218 gedruckt. Und zwar am 9. Mai 2017 um 6.20 Uhr.

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