CSU-Mann Dobrindt wird Internet-Minister

Gepostet am Dez 17, 2013

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt wird Internet-Minister: Er führt künftig das um den Bereich „digitale Infrastruktur“ aufgewertete Verkehrsministerium, berichtet die dpa. Dorothee Bär, Netzexpertin der CSU, wird Staatssekretärin unter Dobrindt.


Alexander Dobrindt (CSU): Der Diplom-Soziologe und ehemalige Geschäftsführer eines Maschinenbauunternehmens wird Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur.
Bild: Henning Schacht

Dobrindt ist bislang nicht als Internetexperte aufgefallen. Auf seiner Homepage stellt er die Politikfelder Bayern, Familie, Sicherheit und Landwirtschaft in den Vordergrund, in Sozialen Netzwerken ist er kaum aktiv. Bekannt wurde er als Polit-Rüpel, der den Koalitionspartner FDP als „Gurkentruppe“ und den EZB-Präsidenten Mario Draghi als „Falschmünzer“ schmähte.

Inzwischen hat er sich auch als Wahlkampfmanager einen Namen gemacht. Seit den CSU-Siegen bei der Landtags- und der Bundestagswahl im September verging kaum ein Tag, an dem Dobrindt nicht mehrfach von seinem Chef Horst Seehofer gelobt wurde. Seine Worte wägt er heute mehr als früher ab, Beschimpfungen kommen ihm kaum noch über die Lippen.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft lobt die Aufwertung von Internet-Themen in Merkels neuem Kabinett. ?Wir begrüßen, dass die neue Bundesregierung der stetig wachsenden Relevanz internet- und netzpolitischer Belange Rechnung trägt?, sagte der Verbandsvizechef Oliver Süme gegenüber Handelsblatt Online. Die digitale Infrastruktur erhalte nun hoffentlich endlich den gleichen Stellenwert wie das Straßenverkehrsnetz oder die Stromversorgung.

Update: Das neue Bundeskabinett der Großen Koalition 2013:

Kanzlerin: Angela Merkel (59/CDU). Die erste deutsche Kanzlerin wird am kommenden Dienstag zum dritten Mal zur Regierungschefin gewählt. Sie wollte diese dritte Kanzlerschaft unbedingt. Nach Ansicht vieler Parteimitglieder hat sie damit ihren politischen Zenit erklommen. Als sie im Jahr 2000 an die Spitze der CDU kam, traute kaum jemand der ostdeutschen Physikerin eine solche Karriere zu. Seit 1990 hat sie ein Bundestagsmandat, wurde unter Kanzler Helmut Kohl zunächst Frauen-, dann Umweltministerin. Als CDU-Generalsekretärin forderte sie die Partei in der Spendenaffäre auf, sich von Kohl zu lösen. 2005 wurde sie Kanzlerin einer großen Koalition, 2009 von Schwarz-Gelb. Sie rückte die CDU mit der Abkehr von Wehrpflicht und Atomkraft stark in die Mitte der Gesellschaft.

Kanzleramtschef: Peter Altmaier (55/CDU). Der bisherige Umweltminister wird im Kanzleramt Nachfolger von Roland Pofalla. Als Umweltminister brachte er nach der Entlassung seines Vorgängers Norbert Röttgen 2012 neuen Schwung in die Energiewende, konnte aber viele Probleme nicht abräumen. Der kommunikative, selbstironische Saarländer ist ein Freund guten Essens und für Merkel ein wichtiger Mann. Er ist politisch gut vernetzt, duckt sich bei heiklen Fragen nicht weg, kennt sich in der Europapolitik bestens aus und spricht viele Sprachen fließend. Schon als Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion bewies er Talent bei der Kompromisssuche.

Wirtschafts- und Energieministerium, Vizekanzler: Sigmar Gabriel (54/SPD). Der SPD-Vorsitzende übernimmt das deutliche aufgewertete Wirtschaftsministerium. 2009 wurde er jüngster Parteichef seit Willy Brandt. Der gelernte Lehrer war zudem mit 40 Jahren in Niedersachsen jüngster deutscher Ministerpräsident (1999-2003). Von 2005 bis 2009 erwarb er sich als Bundesumweltminister Ansehen und Expertise im Bereich Erneuerbare Energien. Er gilt als politisches Naturtalent und begabter Redner, der aber auch sehr launisch sein kann. Gabriel kommt aus sogenannten schwierigen Verhältnissen, was ihn tief geprägt hat. Der Vater war überzeugter Nazi, nach der Trennung der Eltern musste Gabriel gegen seinen Willen zeitweise beim Vater leben. Der SPD-Chef ist in zweiter Ehe mit einer Zahnärztin verheiratet und hat eine kleine Tochter.

Finanzministerium: Wolfgang Schäuble (71/CDU). Der altgediente Amtsinhaber bleibt. Sein jetziges Ministerium leitet er seit 2009. Davor war er – in der letzten großen Koalition von 2005 bis 2009 – schon zum zweiten Mal Bundesinnenminister. Für die Union ist er der Mann mit der größten Regierungserfahrung: Neben seinen Ämtern als Ressortchef war Schäuble Chef der Bundestags-Unionsfraktion und CDU-Parteivorsitzender. 1990 wurde er während einer Wahlkampfveranstaltung niedergeschossen. Seitdem sitzt Schäuble im Rollstuhl. Mehrfach sah es so aus, dass Gesundheitsprobleme seine Laufbahn beenden könnten. Doch er kämpfte sich immer wieder zurück. Er gilt als glühender Europäer, zäh und mitunter mürrisch.

Innenministerium: Thomas De Maizière (59/CDU). Er muss – vermutlich nicht auf eigenen Wunsch – aus dem Verteidigungsministerium ins Innenressort wechseln, das er bereits von Oktober 2009 bis März 2011 leitete. Die Rolle des Oberbefehlshabers der Streitkräfte geht damit an Parteifreundin Ursula von der Leyen über. Als Verteidigungsminister geriet de Maizière wegen des gescheiterten Rüstungsprojekts «Euro-Hawk» massiv in die Kritik: Er habe das Ministerium nicht im Griff, lauteten die Vorwürfe. Der aus Bonn stammende und als ruhig und besonnen geltende Politiker war schon als Nato-Generalsekretär im Gespräch. Als Kanzleramtsminister in der großen Koalition von 2005 bis 2009 erwarb er sich großen Respekt, wurde bis zur Drohnen-Affäre sogar als möglicher Merkel-Nachfolger gehandelt.

Staatsministerin Für Migration: Aydan Özoguz (46/SPD). Die Bundestagsabgeordnete aus Hamburg wird Nachfolgerin der bisherigen Integrationsbeauftragten Maria Böhmer. Das Amt wechselt damit von der Union zur SPD. Özoguz ist die erste Frau mit türkischen Wurzeln im Bundeskabinett. Seit 2009 gehört sie dem Deutschen Bundestag an, war bislang Integrationsbeauftragte ihrer Fraktion. 2011 wurde sie zur stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt. 1989 hatte sie die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen.

Justizministerium: Heiko Maas (47/SPD). Bisher war er Wirtschaftsminister im Saarland, künftig leitet er das aufgewertete Bundesjustizministerium. Für den studierten Juristen ist der Umzug ins Bundesjustizministerium so etwas wie eine letzte Chance. Dreimal bewarb er sich für die SPD um das Amt des Regierungschefs in Saarbrücken, dreimal zog er den Kürzeren. Von 1999 bis 2012 stand der gebürtige Saarländer an der Spitze der Landtagsfraktion, seit 2000 führt er auch die Landes-SPD. 1998 übernahm er als damals jüngster Minister in Deutschland das Umweltministerium – wenngleich nur kurz, denn die SPD musste bereits ein Jahr später der absoluten CDU-Mehrheit weichen. Aber Triathlet Maas hatte einen langen Atem, machte weiter, führte von 1999 bis 2012 die SPD-Fraktion. Nach vier vergeblichen Anläufen steuert der SPD-Landesvorsitzende in der schwarz-roten Saar-Koalition derzeit das Wirtschaftsministerium.

Außenministerium: Frank-Walter Steinmeier (57/SPD). Der bisherige SPD-Fraktionschef kehrt auf den Posten zurück, den er bis 2009 schon einmal innehatte. Zu rot-grünen Zeiten war er Kanzleramtschef , strickte für Gerhard Schröder an der Reform-«Agenda 2010» mit. Dann wurde der Jurist geachteter Außenminister (2005 bis 2009). Er ist stets exzellent vorbereitet, bürgernah, humorvoll. Seitdem der Westfale und Schalke-04-Fan in Brandenburg seinen Wahlkreis hat, ist die Region seine zweite Heimat geworden. Bei der Bundestagswahl gewann er das einzige Direktmandat der SPD im Osten. Steinmeier ist verheiratet mit einer Verwaltungsrichterin. Seiner kranken Frau spendete er eine Niere. Beide haben eine Tochter.

Entwicklungsministerium: Gerd Müller (58/CSU). Nach acht Jahren als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium steigt der promovierte Wirtschaftspädagoge überraschend zum Entwicklungsminister auf. Müller war im Herbst 2008 schon einmal als Agrarminister gehandelt worden: Damals wechselte Horst Seehofer aus dem Agrarressort als Ministerpräsident nach Bayern. Die Stelle im Landwirtschaftsministerium bekam dann aber Parteifreundin Ilse Aigner. Erste Erfahrungen in internationaler Politik sammelte Müller als Abgeordneter des Europäischen Parlaments von 1989 bis 1994. Im Agrarministerium war er mit Themen der Welternährung befasst. Mitglied des Bundestags ist der auf dem elterlichen Bauernhof aufgewachsene CSU-Politiker seit 1994 als Abgeordneter des Wahlkreises Oberallgäu, Kempten, Lindau. Müller hat zwei Kinder.

Verteidigungsministerium: Ursula von der Leyen (55/CDU). Sie wechselt vom Arbeitsministerium ins Verteidigungsressort. Deutschland erhält damit erstmals eine Verteidigungsministerin. Dieser Postenwechsel ist die größte Überraschung der Regierungsbildung. Da die SPD das Arbeitsministerium für sich beanspruchte, musste für von der Leyen ein gleichwertiges Ressort gefunden werden. Das Gesundheitsministerium – für das sie mehrfach gehandelt wurde – kam deshalb nicht infrage. Die frühere niedersächsische Sozialministerin und CDU-Vize gilt wegen ihres scharfen Verstandes und ihrer Redegewandtheit als Allroundtalent in der Partei, ist aber nicht sehr beliebt. Für Empörung in der CDU sorgte sie, als sie drohte, mit der Opposition für die Frauenquote zu stimmen. Von der Leyen ist die Tochter des früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht und hat sieben Kinder.

Arbeits- und Sozialministerium: Andrea Nahles (43/SPD). Die bisherige SPD-Generalsekretärin wird sich als Arbeits- und Sozialministerin vorrangig um die Rente kümmern und auch den vereinbarten gesetzlichen Mindestlohn forcieren. Als SPD-Generalsekretärin hat sie erst den Wahlkampf organisiert, dann die Koalitionsverhandlungen und anschließend den Mitgliederentscheid über die große Koalition. Zeit für ihre kleine Tochter Ella Maria und ihren Mann daheim auf einem Hof in der Eifel hat sie zurzeit wenig. «Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so zufrieden», sagte sie nach ihrer Elternzeit. Die frühere Juso-Chefin zählt längst nicht mehr zu den Parteilinken. Intern ist sie nicht unumstritten, wurde zuletzt mit schlechtem Ergebnis wiedergewählt.

Familienministerium: Manuela Schwesig (39/SPD). Die bisherige Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern steht künftig an der Spitze des Familienministeriums. Dies ist die Krönung ihrer bisherigen Blitzkarriere seit ihrem Parteieintritt 2003. Schwesig gilt als «das Gesicht» der ostdeutschen SPD. Die gebürtige Brandenburgerin studierte Steuerrecht und folgte ihrem Mann, mit dem sie einen Sohn hat, nach Schwerin. Zwischen 2002 und 2008 arbeitete sie im dortigen Finanzministerium. 2008 übertrug Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) der damals 34-jährigen Diplom-Finanzwirtin das Sozialressort. Seit 2009 ist sie auch SPD-Vize. Als Ministerin würde Schwesig auch für das von der SPD heftig bekämpfte Betreuungsgeld zuständig sein.

Gesundheitsministerium: Hermann Gröhe (52/CDU). Als Nachfolger für Daniel Bahr von der FDP wird der CDU-Generalsekretär neuer Bundesgesundheitsminister. Er hat großen Anteil an dem erfolgreichen Bundestagswahlkampf, an dessen Ende 41,5 Prozent für CDU/CSU standen. Er gilt auch beim politischen Gegner als sachlich, freundlich und fair. In der CDU hatte es gerade deshalb mitunter offen Kritik gegeben, weil er als zu wenig angriffslustig galt. Politische «Wadenbeißerei» ist aber nicht seine Sache. Er löst Konflikte eher geräuschlos. Mitte der 90er Jahre zählte er zu dem Kreis von CDU-Nachwuchspolitikern, der sich in der «Pizza-Connection» regelmäßig mit Grünen-Politikern traf. Gröhe war in der Unionsfraktion Justiziar und lange Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Im Kanzleramt war er für die Bund-Länder- Zusammenarbeit zuständig. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.

Umweltministerium: Barbara Hendricks (61/SPD). Die bisherige SPD-Schatzmeisterin übernimmt das aufgewertete Umweltministerium. Dort wird sie auch für alle Bauprojekte des Bundes zuständig sein. In Düsseldorf arbeitete die 61-Jährige fast zehn Jahre als Sprecherin für SPD-Finanzminister der Landesregierung. 1998 wurde sie Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium. Bis 2007 arbeitete sie auf diesem Posten mit den SPD-Finanzministern Oskar Lafontaine, Hans Eichel und Peer Steinbrück zusammen. Seit Oktober 2007 ist Hendricks Schatzmeisterin der SPD. Kontakt zur Umweltpolitik hatte die promovierte Historikerin, als sie von 1991 bis 1994 im NRW-Umweltministerium das Referat für grenzüberschreitende Studien leitete.

Bildungsministerium: Johanna Wanka (62/CDU). Sie wird als Amtsinhaberin ihr Ministerium weiter führen. Sie kam erst Anfang 2013 ins Amt – nach dem Rücktritt von Bildungsministerin Annette Schavan. Die CDU stuft das Ressort als eines der wichtigsten im Kabinett ein. Mit den Milliardenausgaben für die Forschung kann man mit diesem Haus viele Punkte bei Wissenschaftlern und Studenten machen. Die promovierte Mathematikerin aus Sachsen war viele Jahre Kultusministerin in Brandenburg und Niedersachsen. Die Berufsorganisation der Uni-Professoren kürte sie 2008 zur «Ministerin des Jahres». Im Wendejahr 1989 war sie Gründungsmitglied des oppositionellen Neuen Forums in Merseburg. Wanka ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie gilt als konservativ und pragmatisch und ist eine Verfechterin von Studiengebühren.

Verkehrsministerium/Digitale Infrastruktur: Alexander Dobrindt (43/CSU). Der CSU-Generalsekretär führt künftig als Nachfolger von Peter Ramsauer das um digitale Infrastruktur aufgewertete Verkehrsressort. Das darf als Belohnung für den erfolgreichen CSU-Wahlkampf gesehen werden: Parteichef Horst Seehofer hatte ihm daher einen Ministerposten versprochen. Dobrindt tritt an die Stelle von Peter Ramsauer, der das Ministerium vier Jahre lang führte. Er scheidet aus der Bundesregierung aus. Als Generalsekretär war Dobrindt während der Koalitionsverhandlungen eines der wichtigsten CSU-Sprachrohre. Seine Worte wägt er heute mehr als früher ab. Beschimpfungen wie die des früheren Koalitionspartners FDP als «Gurkentruppe» kommen Dobrindt kaum noch über die Lippen.

Agrarministerium: Hans-Peter Friedrich (56/CSU). Der Innenminister wechselt ins weniger bedeutende Agrar-Ressort, denn es muss den Verbraucherschutz ans Justizministerium abgeben. Der Franke hatte dem Vernehmen nach die Wahl, sich auch für das Entwicklungshilfe-Ressort zu entscheiden. Als Nachfolger seiner nach Bayern gewechselten Parteifreundin Ilse Aigner leitet Friedrich nun ein Ministerium, das nur noch für Ernährung und Landwirtschaft zuständig ist. Für den Verbraucherschutz ist nun das SPD-geführte Justizministerium zuständig. CSU-Chef Seehofer hatte Friedrich noch im August eine Job-Garantie gegeben, bekannte sich aber zuletzt nicht mehr so offen zu dem im Umgang freundlichen Bayern. In der NSA-Abhöraffäre wurde Friedrich eine zu weiche Haltung gegenüber den USA vorgehalten. Friedrich studierte Wirtschaftswissenschaften und Volkswirtschaft. Besonders gern war er CSU-Landesgruppenchef. (mit Material von dpa) / (cwo)

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